Fronleichnam
Das
Hochfest des Leibes und Blutes Christi wurde im Hochmittelalter durch Papst
Urban IV in das liturgische Jahr eingefuegt und 1277 in Koeln erstmals durch
eine Prozession ausgezeichnet. Sie bringt in besonderer Weise zum Ausdruck,
dass Jesus mit seinem pilgernden Gottesvolk unterwegs ist. Die Freude ueber
seine Gegenwart praegt das Fest.
Das Wort
'Fronleichnam' setzt sich zusammen aus dem mittelhochdeutschen Fron (=Herr).
Frondienst ist Herrendienst. 'Leichnam' meinte nicht wie heute den toten Leib,
sondern den lebendigen Menschen. "Fronleichnam" heisst also:
lebendiger Leib des Herrn
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Magnificat- das Stundenbuch- Ausgabe 5/2002>
Fronleichnam
Im
Mittelpunkt des Festes steht das eucharistische Brot. Es ist fuer die
Katholiken, aber auch fuer die Orthodoxen, Realsymbol der Gegenwart Christi,
der zugleich Mensch und Sohn Gottes ist. Diese leibliche Gegenwart ist nur
denkbar, weil Jesus nicht mehr in unserer Existenzweise lebt, sondern als
Auferstandener eine neue Gegenwart fuer die Menschen hat.
Die
Gegenwart des Goettlichen in der menschlichen Welt ist eine Idee, die nicht
erst die Christen entwickelt haben. Die Religionen haben dieser Idee
verschiedene Ausdrucksformen gegeben: die Anwesenheit Gottes in einem Tempel,
in einem Tier, im Blitz und Donner, im Orakelspruch, im heiligen Stein in
Mekka.
Durch die
Prozession hat das Fest eine grosse Oeffentlichkeitswirkung, die jedoch,
anders als bei den meisten christlichen Festen, konfessionell ausgepraegt ist.
Obwohl das Fest bereits 1264 fuer die ganze Kirche eingefuehrt wurde, haben es
die protestantischen Kirchen nicht weitergefuehrt, da sie ein anderes
Eucharistieverstaendnis entwickelten.
Auch die
mittelalterliche Eucharistiefroemmigkeit ist von diesen Kirchen nicht
aufgegriffen worden. Waehrend in katholischen Gegenden die Prozession als
religioese Handlung, als Segnung der Haeuser und Felder verstanden wird, dient
sie in gemischt-konfessionellen Gegenden der Selbstdarstellung, und insofern
die Strassenraender mit Blumen und Birkenzweigen geschmueckt werden, praegt das
Fest auch das Erscheinungsbild eines Dorfes, einer Stadt.
Die
mittelalterliche Froemmigkeit ist der Ursprung des Festes. Die Eucharistiefeier
wurde nicht mehr nur als Mahl gesehen, sondern als eine anschauliche
Darstellung des Leidens Christi. Einzelne Riten wurden ausgedeutet, z.B. wenn
der Priester am Ende des Kanons Brot und Wein erhebt, deutet das nach
mittelalterlichen Kommentatoren auf die Abnahme des Leichnams Jesu vom Kreuz
hin. Wenn er vor dem Agnus Dei ein Stueck Brot in den Kelch gibt, soll damit
die Verbindung von Leib und Seele, die Auferstehung Jesu dargestellt werden.
Die Betonung der realen Gegenwart Christi (Realpraesenz) in den Gestalten von
Brot und Wein wurde im Mittelalter ausgearbeitet und auch philosophisch
vertieft (Transsubstantiations-Lehre).
Diese
Entwicklungen fuehrten zu einer Verehrung der Eucharistie, insbesondere des
Brotes. Es entwickelten sich eigene, von der Messe unabhaengige Andachtsformen.
Ein eigenes Fest zur Verehrung der Eucharistie war die Folge dieser Froemmigkeitsgeschichte.
Juliana von Luettich hatte 1209 eine Vision von der Scheibe des Vollmondes,
Symbol fuer die KIrche. Ein schwarzer Fleck zeigte das Fehlen eines Festes zu
Ehren der Eucharistie an. Der Bischof von Luettich fuehrte 1246 ein solches Fest
ein, das 1264 fuer die ganze abendlaendische Kirche vorgeschrieben wurde.
Die
Verbindung dieses Festes mit dem Gruendonnerstag drueckt sich darin aus, dass
es an einem Donnerstag (zweiter Donnerstag nach Pfingsten) gefeiert wird.
Die
Prozession entstand in Deutschland. 1277 gilt als das Jahr der ersten
Fronleichnams-Prozession, die in Koeln stattfand. Vorbild waren verschiedene
Flur- und Stadtumgaenge.
In die
Ausgestaltung des Festes sind vor allem Elemente deutscher
Froemmigkeitsgeschichte eingegangen, das Fest selbst ist nur aus der
mittelalterlichen Froemmigkeit zu verstehen.
<P.
Eckhard Bieger SJ
in
'Magnificat' 5/2002; Verlag Butzon & Bercker, Kevelaer / Abtei Maria Laach > |